Die Geschichte von Haag

Beschreibung der Grafschaft

Innerhalb Bayerns lagen in früheren Jahrhunderten einige, von Bayern unabhängige, einzig dem Reich unterstellte, also reichsunmittelbare Herrschaften. Eine solche war die freie Reichsgrafschaft Haag. Sie faßte 28 Gemeinden westlich des Inns und umschloß damit 517 Dörfer, Weiler und Einöden zwischen Burgrain und Gars, zwischen Schwindkirchen und Ebrach. Zu ihr gehörten: Schwindkirchen, Stollnkirchen, Mainbach, Schiltern, Jessling, Gatterberg, Schönbrunn, Fürholzen, Kronberg, Kirchdorf, Dachberg, Ramsau, Limberg, Hampersberg, Lengmoos, Allmannsau, Ferchensee, Altdorf, Voglberg, Rechtmehring, Reit, Freimehring, Hart, Schleefeld, Utzenbichl, Zell, Albaching, Berg, Kalteneck, St. Christoph, Rosenberg, Hochhaus, Joppenpoint, Maitenbeth, Etschlohe, Preisendorf, Oberndorf, Winden, Berg, Pyramoos, Moosham, St. Wolfgang, Lappach, Sollach, Schwindau, Armstorf und alle die vielen kleinen Orte, die dazwischenliegen. Dazu kommt noch die seit 1304 zur Grafschaft gehörende Herrschaft Hohenburg mit den Hauptorten Soyen, Schlicht, Rieden, Kirchreit, Hohenburg und Königswart.

Dieses Gebiet bildete im geschlossenen Verband seit dem frühen Mittelalter die Reichsgrafschaft Haag und war mit ca. 270 qkm Fläche eine politische Insel im Meer des bayrischen Hoheitsgebietes, mit eigener Verwaltung und Gerichtsbarkeit, eigener Steuerhoheit, Münzrecht und Stimmrecht im Reichstag. Auch bei den Aufrufen zum Reichsheer wird die Grafschaft Haag als selbständiges Land veranschlagt und stellt seine Truppen, "das Haager Fähnlein", souverän zu den Rüstungen des Reiches.


Burg Haag übergroß
Dargestellt ist die Rekonstruktion der Burg Haag des Baustandes um 1480

Mittelpunkt der Grafschaft war Haag mit seiner Burg, von wo aus die Herrschaft und die hohe Gerichtsbarkeit ausgeübt wurde. Dorfrechte gab es in den "Ämtern" und Hofmarken, in die die Grafschaft unterteilt war. So in die 5 Ämter: Albaching, Mering, Kirchdorf, Schwindau und Rieden und in die Hofmarken Hampersberg, Schönbrunn, Armstorf, St. Wolfgang und Preisendorf.
Die Grenze der Grafschaft war gekennzeichnet durch steinere Säulen, "Marschstein", die bis zu 3m hoch waren und das Schimmelwappen trugen, auf der Bayern zugewandten Seite das Rautenwappen. Heute sind nur mehr etwa 15 an der ehemaligen Westgrenze vorhanden.

Grundriß der Haager Geschichte

Haag, an der Kreuzung zweier ehemaliger Römerstraßen entstanden, wird um das Jahr 980 als Sitz eines freien Herrengeschlechts "de haga" erstmals erwähnt. Dieses Rittergeschlecht "vom Hage" wird um 1200 von den "Gurren von Haag" abgelöst, die vorher ihren Stammsitz auf dem Radersberg bei Kirchdorf, etwa 1 km nordöstlich von Haag, hatten. Sie brachten ihr Wappen, den Haager Schimmel, mit nach Haag und werden als des Kaisers "Getreue" bezeichnet, weshalb angenommen wird, daß das unter ihnen entstandene umfangreiche Herrschaftsgebiet Haag vom Kaiser verliehen, also reichsherrlich war.

Im Jahre 1245, als der letzte Gurre von ohne männliche Nachkommen starb, übertrug Kaiser Friedrich II. die Grafschaft Haag an den Ritter Sigfrid von Fraunberg, der mit Elisabeth Gurre verheiratet war. In der kaiserlichen Urkunde vom Mai 1245 wird Haag ausdrücklich als Grafschaft bezeichnet, deren gräfliche Amtsgewalt an Sigfrid von Fraunberg als rechtmäßiger Nachfolger des Konrad Gurre übertragen wird. Gleichzeitig wird der Grafschaft die hohe Gerichtsbarkeit als Reichslehen bestätigt, ein Privileg reichsunmittelbarer Länder.


Elisabeth Gurre von Haag und Hedwig von Fraunberg um 1250

Auf Sigfrid I. folgten Sigfrid II. und Berthold; dessen Sohn Sigfrid III. von Fraunberg zum Hage (1276-1317) erwarb 1304 die Herrschaft Hohenburg und hatte 4 Söhne. Der älteste Sohn Konrad wurde sein Nachfolger und erhielt 1324 von Kaiser Ludwig IV. das Marktrecht für Haag und die Freyung. Der jüngste Sohn Hans I. erwarb im Jahre 1338 die Burg Prunn an der Altmühl. Auf dieser Burg wurde die Handschrift des Nibelungenliedes gefunden, die aus der Zeit der Fraunberger vom Hag stammt.


Burg Prunn im Altmühltal

In der folgenden Genetation herrschten in Haag Hans II. und Konrad II. (1337-1374). Sie teilten die Verwaltung in den oberen und niederen Teil ein. Konrad (niedere Teil) residierte auf der Hohenburg, Hans (oberer Teil) erbaute sich die Burg Fraunberg bei St. Christoph und residierte dort.

Schon damals wollten die Fraunberger zum Hag ihre Hausmacht stärken. Da ein Ausgreifen aus der Grafschaft mit seinen festen Territorialgrenzen ins bayrische Herzoggebiet nicht möglich war, versuchte Konrad II. in Tirol Fuß zu fassen. Als Hofmarschall der Herzogin Magarethe Maultasch gewann er dort eine einflußreiche Position und zahlreichen herrschaftlichen Besitz. Als schließlich der Ehegemahl der Maultasch und deren einziger Sohn umgebracht wurden, griffen Bayern und Österreicher ein, entmachteten Konrad und zwangen ihn zum Verkauf seiner Güter in Tirol (1371). Seine beiden Söhne Willhelm und Christian nahmen die Hausmachtpolitik wieder auf und sammelten Besitz in der Oberpfalz, im nördlichen Niederbayern und in Tirol.


Die Hohenburg
Die Burg im mittelalterlichen Baustand als Rekonstruktion für das Museum des Haager Landes, Ansicht von Südosten